TRAININGSWOCHE AM WEISSENSEE - Aua! Auweia!



Weißensee - Zöhrers - Direkt am See - Idylle pur

Volumenwoche!

Das steht vier Wochen vor dem Wettkampf in meinem Trainingsplan. Volumenwoche bedeutet jeden Tag ein langer Lauf zwischen zwei und vier Stunden, mit 500 bis 3000 Höhenmetern. Insgesamt 20 Stunden Lauf mit fast 10000 Höhenmetern. Einzuleiten mit einem fünfstündigen langen Lauf zwei Tage vor Beginn der Woche.

Die Volumenwoche hatten wir für letzte Woche eingeplant, also fünf Wochen vor dem Wettkampf, da das die zweite Woche Pfingstferien war und wir so Urlaub planen konnten. Eine Woche Trainingslager am Weißensee in Kärnten. Wir haben uns bei Zöhrers in Naggl eingemietet. Idyllisch gelegen, direkt am Wasser und einige 1000 Meter Anstiege in kurzer Entfernung.



Nach den Erfahrungen aus der Vorwoche in Grindelwald hatte ich den Trainingsplan für mich angepasst. Also: höherer Gehanteil, dadurch längere Laufzeiten und möglichst viele steile Passagen.


Den fünfstündigen Einleitungslauf habe ich weggelassen. Erstens hatte ich mit dem Eigerwochenende schon zwei sehr lange Einheiten, vor allem aber hatte ich das Gefühl, bzw. die Sorge, langsam in eine Art Übertraining reinzulaufen. Schon vor dem Eigerwochenende habe ich mich permanent kraftlos und müde gefühlt, was durch die Einheiten auf der Wettkampfstrecke verstärkt wurde. In der Folgewoche habe ich deshalb drei Tage Pause und danach moderates Training gemacht. Fühlte mich vor der Woche am Weißensee aber immer noch nicht wieder wirklich frisch.


Ankunft am Weißensee am Samstag. Lange Fahrt, nur ankommen, kein Lauf. Am Sonntag ist dann das erste Training geplant. Katrin und ich jeder für sich. Sabine und Andrea kommen erst am Sonntag Abend an.


Mein Plan: von Naggl aus über die Naggler Alm auf den Golz auf 2000 Metern. Insgesamt ca. 1300 HM. Zielpuls um den geplanten Wettkampfpuls herum. Losgelaufen, die ersten 300 HM fühlen sich eher müde an, also moderates Tempo und erstmal warmlaufen. Naggler Alm, nun Richtung Golz.

Richtung Golz. Da lacht er noch.

Ab hier super schöner Trail. Schmale Pfade, viel im Wald, teils steil, teils flowig. Denke viel nach. Über die nächsten Tage, auf welche Berge ich hoch will, natürlich wie immer über den Wettkampf und Training und - KAWUMM!


Plötzlich liege ich auf dem Bauch auf dem Boden. Aua! Kapitaler Sturz. Ein heftiger Schmerz durchzuckt mich. Mir wird kurz mulmig und ich bleibe einfach liegen, um mich zu sammeln. Rappele mich auf und überlege was passiert ist. Bin mit dem Fuß an einem Stein hängengeblieben und wie ein nasser Sack vornüber gestürzt. Zu viel nachgedacht? Müde Beine und die Füße nicht hochbekommen? Jetzt gerade nicht relevant. Bestandsaufnahme. Die rechte Hand tut weh. Blutet in der Handfläche. Aufgerissen. Außerdem ist der Handballen sofort dick und knallhart. Die ganze Hand tut bei der geringsten Berührung weh. Stehe auf. Bzw. versuche es. Im linken Oberschenkel ein stechender Schmerz. Kann kaum auftreten. Mein erster Gedanke: Verdammte Sch..., das wird doch hoffentlich nicht schon das Ende der Trainingswoche gewesen sein?!

Sieht nicht schlimm aus. Das war zuhause, eingeeist und gereinigt.


Schaue mir den Boden an: Offensichtlich bin ich bei dem Sturz auf zwei Steinen gelandet. Einer hat sich in den linken Oberschenkel gebohrt, der zweite in die rechte Hand. Der erste kurze Schock ist durch. Atme tief durch. Was nun? Versuche vorsichtig zu gehen. Tut tierisch weh. Gehe trotzdem langsam weiter. Vielleicht kann ich den Schmerz rauslaufen. Die Stöcke packe ich weg. Werde ich mit dieser Hand heute nicht mehr brauchen. Nach ein paar Minuten kann ich langsam wieder gehen, wenn auch schmerzhaft. Versuche vorsichtig ein paar Schritte zu rennen. Geht gar nicht. Also, falls sich das noch etwas bessert, könnte eine Wanderung funktionieren, laufen ist für heute abgehakt.


So wandere ich also nun weiter und nach einer halben Stunde pegelt sich der Schmerz im Oberschenkel auf einem verträglichen Niveau ein. Die Hand tut stark weh, aber die braucht man ja nicht unbedingt. Beschließe, auf den Golz zu wandern, heute Nachmittag zu behandeln und dann auf morgen hoffen.


Da schaut er nicht mehr ganz so locker. Macht aber Spaß. Ehrlich.


Die Wanderung ist dann, streckentechnisch, sehr schön, allerdings verständlicherweise ein etwas gemischtes Vergnügen. Nach 3h20, 21 km und 1265 HM komme ich wieder in Naggl an.


Ausblick auf den Weißensee - kurz oberhalb Naggl.


Nach Rücksprache mit Katrin folgt als Behandlung kühlen und hochlegen. Betreibe das konsequent den Rest des Tages und das fühlt sich auch gut an. Abends kommen Andrea und Sabine an, die glücklicherweise Kühlpads mitbringen, was die Behandlung sehr erleichtert. Nehme abends eine Schmerztablette ein, damit ich schlafen kann. Wird trotzdem eine unruhige Nacht...


Am nächsten Morgen wache ich zwar müde auf, aber mit dem Gefühl, das sich vor allem der Oberschenkel etwas gebessert hat. Training sollte also möglich sein. Ich werde versuchen, die geplante Tour von Weißbriach auf den Reißkofel zu machen.


Frühstück kurz nach sieben, Abfahrt kurz vor neun, Start in Weißbriach kurz nach neun. Anders als normalerweise gehe ich erstmal langsam los, um den Oberschenkel aufzuwärmen. Geht ganz passabel. Nach einer viertel Stunde teste ich ein paar Laufschritte. Tut weh. Geht nicht. Also heute wandern. Ist aber ja in dieser Woche eh der Fokus, also nicht schlimm.


Weißbriacher Hütte


Hatte für die Tour vier bis fünf Stunden kalkuliert. Durch das Handicap, das dadurch langsamere Tempo, die geringere Flexibilität beim Klettern und aber auch durch eine defensive Strategie, brauche ich am Ende über sechs Stunden für die ca. 2000 HM. Positiv, dass ich gegen Ende des Tages auch langsam wieder halbwegs laufen kann. Tolle Tour, landschaftlich schön, herrliche Ausblicke und coole Kletterpassagen.


Reißkogel - Das Ziel


Schafe kurz vorm Gipfel



Wo ist nun der Weg?



Der Weg über den Kamm



Reißkogel - Trotz Verletzung - Tolle Wanderung - Klasse!




Der Blick ins Tal



Da gehts runter. Es ist so steil wie es aussieht.

Weißbriach, Weißbriacher Hütte, Sattelnock, kleiner Reißkogel, Reißkogel, Wurzen und zurück. Die Behinderungen sorgen dafür, dass alles etwas unrund läuft, man ständig angespannt ist, teilweise auch verkrampft. Komme deshalb, trotz des moderaten Tempos, gut müde im Tal an. Für morgen werde ich wohl etwas drosseln. 6h01, 27,4km, 1985HM

Erstmal Pause am Bootssteg - Zusammen mit Elli



Der Rest der Woche in der Zusammenfassung:


Ab Dienstag fühlt sich das Bein wieder so gut an, dass ich auch laufen kann, Hand halbwegs ok. Allerdings verstärkt sich das Gefühl der Ermüdung. In gewissem Maße ist das bei solch einer Trainingswoche auch ok, hier ist es aber schon etwas mehr. Körper ist nicht leistungsbereit.
Die restlichen Tage absolviere ich deshalb alle in eher moderatem Tempo, den Donnerstag im regenerativen Pulsbereich und ab Freitag breche ich ab. Freitag nur eine kleine Wanderung mit 300 HM auf die Naggler Alm. Samstag komplett trainingsfrei.


Die restlichen Touren:


Dienstag auf den Laka, über Bodenalm auf die Radnitzer Alm und wieder runter, 3h30, 23,4km, 1295 HM


Laka




Mittwoch: Bodenalm, Fischeralm, Spitzegel, Radnitzer Alm und über die Bodenalm zurück, 4h 28, 26,6km, 1520HM


Latschur



Lahnalm vom Latschur aus


Donnerstag: Wendehammer Neusach, Stosia, auf den Latschur, über Ochsenkopf, Jahnalm, Eckwandsattel, nach Stosia und zurück, 4h59, 24km, 1895HM.

Auf der Tour habe ich auch wieder etwas gelernt: ab Stosia zurück ist eigentlich nicht weit und tendenziell geht es nach unten. Der Kopf denkt also: "nicht mehr viel, nicht mehr weit, bald da". Und dann zieht sich das gewaltig, da es rauf und runter, teils steil und technisch anspruchsvoll geht. Das ermüdet den Kopf und nervt. In einem Bericht über den E101 habe ich gelesen, dass jemand von der Strecke Faulhorn - Schynige Platte entnervt war, weil man das unterschätzt und es sich endlos zieht. Die Lehre daraus: sich darauf vorbereiten bzw. einstellen und solche Streckenabschnitte nicht als einfach, sondern als Herausforderung deklarieren.


Freitag: Wanderung mit Katrin, Amelie und Celie auf die Naggler Alm. 7,5km, 300 HM. Entspannt.
Mein Eindruck: genau richtig. Habe den Eindruck, die letzten Wochen waren etwas zu viel. Muss jetzt aufpassen, dass ich den Körper nicht überlaste, in ein Übertraining reinlaufe und das ganze Training gefährde. Morgen also Pause, eventuell Sonntag Radfahren und Montag nochmal Pause, dann weitersehen.


Insgesamt war Weißensee eine tolle Woche. Auch trainingsrechnisch hat das wieder viel gebracht. Ich habe viel an den Schwächen (wandern, steil bergauf...) gearbeitet und hatte das Gefühl, dass es schon etwas besser geht, als noch eine Woche zuvor am Eiger. Auch der zunehmende Einsatz der Stöcke macht sich bemerkbar. Auch hier ist mehr Kraft und Ausdauer vorhanden. Ca. 8000 HM in fünf Tagen und dabei ca. 22 h unterwegs.


Auf der anderen Seite habe ich aber auch gesehen, wie anstrengend lange Touren sein können, vor allem, wenn dann noch heißes und/oder schwüles Wetter dazukommen. Und Zwischenfälle, wie der Sturz, können auch im Wettkampf vorkommen. Da war das ein oder andere Mal schon der Gedanke: Auweia! Das wird schon echt heftig am Eiger!


Alles in allem fühle ich mich aber sehr gut vorbereitet und muss nun nur noch schauen, die Ermüdungsthematik in den Griff zu bekommen.


Woche rum.  Gut wars.


In diesem Sinne: Keep on running. See you on the trails.


Und Tschüß.


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