DIE MÜHEN DER EBENE

von Sabine




Dieses Jahr war der Eiger Ultra Trail unser Wettkampfmittelpunkt. Das sogenannte „Goal Race“. Im Vorfeld der Anmeldung haben wir uns genau über die Strecke informiert, Rennberichte gelesen und Videos angeschaut. Das Fazit war: Es gibt beim Eiger Ultra Trail praktisch keine ebenen Abschnitte. Und: Die Steigungen sind RICHTIG steil. Und da es ja wichtig ist, sich spezifisch auf die Wettkämpfe vorzubereiten, war klar, dass die Maxime für das Training hieß: Höhenmeter fressen. Das galt für unsere allgemeine Vorbereitung in Heidelberg ebenso wie für die Trainingswoche am Weissensee. Rückblickend betrachtet war das auch wichtig, denn das, was wir vorher gelesen und in Videos gesehen hatten, hat sich im Wettkampf am Eiger bestätigt.

Nach dem Wettkampf war zuerst mal Hochsommer – und da es da im Wald angenehmer ist als in der baumlosen Ebene, habe ich das Training einfach fortgesetzt.

Dann – Ende August – war Urlaub in Frankreich angesagt. Damit das gute französische Essen nicht zu sehr auf die Hüften schlägt, und natürlich auch um konditionell die Form zu erhalten, sind wir auch immer gelaufen – zunächst in der Bretagne und dann an der Atlantikküste südlich von Bordeaux. Das Laufen in der Bretagne war ja noch o.k. – hier gibt es die typischen Küstenpfade, die sich entlang der Küstenlinie und durch die fjordähnlichen Buchten schlängeln – da geht es ständig auf und ab. Jeder Lauf ein Fartlek – schnell, langsam, schnell, und an technisch schwierigen Stellen auch mal im schnellen Gehtempo.

Von der Bretagne ging es an die Atlantikküste – hier sind die Strände breit und flach, und die Pinienwälder im Hinterland erlauben es, kilometerweit auf den schmalen Waldwegen zu laufen, bevor man auf die nächste Ortschaft trifft. Eigentlich ein Laufparadies.

Eigentlich. Denn ich kam mir vor wie eine Schildkröte – oder eine Schnecke. Denn die Pinienwälder sind mit viel gutem Willen maximal als leicht wellig zu bezeichnen. Hier mal 2-3 Höhenmeter hoch, dort 1-2 Höhenmeter runter. Eigentlich alles eben. Und der Pfad: im Wesentlichen geht’s geradeaus. Ich dachte eigentlich, mit dem Training an steilen Hügeln und Bergen wäre ich auf alles vorbereitet … nur nicht auf das: Gleichförmiges Laufen in der Ebene, wobei selbst der Kopf keine Abwechslung bekommt, weil die Pinienwälder überall gleich aussehen. Schon nach 3-4 Kilometern fing meine Muskulatur an zu verkrampfen, das Knie und die Achillessehne taten weh. Hätte ich nicht interessante Podcasts auf den Ohren gehabt, wäre es wahrscheinlich nie vorbeigegangen. Nach 15 km Lauf fühlte ich mich, als hätte ich einen Bergmarathon hinter mir.

Das sind die Mühen der Ebene. Ich scheine es verdrängt zu haben – aber in den Pinienwäldern wurde mir vor Augen geführt, wie anstrengend gleichförmiges Laufen ist, vor allem, wenn man es nicht trainiert hat. Und das hatte ich wirklich über Monate nicht, in denen das Wichtigste in meinen Trainings-Spreadsheets die Spalte mit den Höhenmetern waren.

Fazit: Für den nächsten Wettkampf, den Drachenlauf Ende Oktober, muss unbedingt ein besserer Mix aus Bergtraining und Laufen in der Ebene her. Denn: Anders als der Eiger Ultra kann man den Drachenlauf auch wirklich laufen – also rennen. Eine ganz andere Form der Anstrengung. Aber auch vor dem nächsten alpinen Traillauf werde ich etwas an meinem Trainingsplan ändern: Mindestens ein mittellanger Lauf pro Woche wird mich in die Ebene führen. Ziel: Höhenmeter = 0. Denn so wichtig eine spezifische Wettkampfvorbereitung auch ist, so ist es doch auch wichtig, das Training möglichst vielfältig zu halten. Quasi als Cross-Training im Lauftraining selbst.

Deshalb habe ich gestern als ersten Lauf zu Hause auch einen flachen Lauf gemacht. Aber wir wollen’s mal nicht übertreiben … heute will ich aber wieder Waldboden unter den Füßen spüren. See you on the trails!

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